unkreativ

Unheimliche Alben

(c) Hailey Kean

Das Unheimliche in der Musik ist häufig subtiler als in anderen Kunstformen. Oft sind es die Hinter- und Abgründe, die rund um die Interpreten lauern, die ihre Musik zu unheimlich guten, grausamen oder traurigen Werken machen. Hier eine subjektive, neunziger-lastige Auswahl an verkannten und gefeierten Meisterwerken:

Lyrisches Gemetzel

NICK CAVE AND THE BAD SEEDS – MURDER BALLADS (1996), MUTE RECORDS

Alles beginnt mit zwei bemerkenswerten Kollaborationen des Punk-Poeten Nick Cave. Zusammen mit Kylie Minogue besingen die Schöne und der Goth in “Where the Wild Roses Grow” das Schicksal eines jungen Pärchens. “All beauty must die” legt der Herr mit der eigenwilligen Frisur einem Jüngling in den Mund, der dem Leben seiner Geliebten mit einem Fels in der Hand ein Ende bereitet. In ähnlicher Manier wird auf dem unheimlichsten Nick Cave Album Stück für Stück zerstückelt und gemordet. Im Song Henry Lee wird der Spieß umgedreht, als Nick Cave im Duett mit PJ Harvey zerstochen in den “tiefen, tiefen Brunnen” geworfen wird. Wem es hier zu grausig wird, dem sei das dylaneske Finale des Albums um die Ohrengeworfen: “Death is Not The End”.

Der Tod des Chamäleons

DAVID BOWIE – BLACK STAR (2016), COLUMBIA RECORDS

Major Tom ist am irdenen Totenbett gelandet und zieht Bilanz. Im Musikvideo von “Lazarus” liegt der damals schon an Krebs erkrankte David Bowie allein und verlassen im Krankenbett und inszeniert seine letzte große Show: den eigenen Tod; den Tod eines schwarzen Sterns. “I’ve got drama, can’t be stolen, everybody knows me now.” Blackstar jagt Schauer über den Rücken, weil es der pompöse Abschied eines großen Künstlers und zugleich das Eingeständnis eines Selbstzweiflers bis zur letzten Sekunde ist: “Seeing more and feeling less, saying no, but meaning yes. This is all I ever meant. That’s the message that I sent”, heißt es im letzten Track.

Mörder im Uterus

NIRVANA – IN UTERO (1993), DGC RECORDS

Kurt Cobain, 26 Jahre alt, steht ein gutes halbes Jahr vor seinem Tod und hat genug vom “fatal fame”, wie The Smiths sangen, von der Krankheit, für die jeder stirbt, wie Elliott Smith noch passender schrieb. Jetzt will er die Menschen schockieren und provozieren. Nicht nur mit Föten im Artwork, sondern mit durch Mark und Bein gehendem Gekreische, wörtlich festgehaltenen Horrortrips und nicht zuletzt mit durch den Pixies-Produzenten Steve Albini entfesselten E-Gitarren. Nun versetzt sich Cobain zum Beispiel in den fiktiven Mörder Jean-Baptiste Grenouille aus dem Roman “Das Parfum” und kreischt bis zum Umfallen. Darf er das? “You can’t fire me because I quit”, lautet die Antwort aus der vorletzten Zeile.

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