unweltlich

Das ist doch: SEXISTISCHE KACKSCHEISSE!

Der Student, der im Bäcker nebenan die Brötchen verkauft, sieht wahnsinnig gut aus. Ich kann einfach nicht anders, als ihm das zu sagen. Ab und zu zwinkere ich ihm dabei zu. Und das gefällt ihm, da bin ich mir sicher - wer hat schon was gegen Komplimente?

(c) patrick-tomasso

Auf der Straße pfeife ich das ein oder andere Mal jungen Männern hinterher. Vor allem, wenn sie enge Jeans tragen – ich meine, dann wollen sie das ja auch so. Ansonsten würden sie die ja auch nicht tragen. Das mit den Jeans ist überhaupt so ein Ding.

sexismus, feminismus, gleichberechtigung
(c) Matt Quinn

Mein Assistent trägt manchmal diese eine Hose von Levis. Da kann ich dann nicht anders. Also wirklich: Ab und zu muss ich einfach hin fassen. Sein Hintern sieht darin aber auch einfach zu knackig aus. Und der Kellner in meinem Lieblings-Cafe, grinst immer so süß, wenn er mir meinen Cappuccino serviert. Ich bin mir sicher, dass das mehr ist als Freundlichkeit – das spürt man doch. Deswegen habe ich ihm schon mehrmals angeboten, sich noch etwas Trinkgeld dazu zu verdienen. Für ein paar extra Leistungen, versteht sich. Ich denke, er ist dafür noch etwas zu schüchtern, aber wenn ich ihm das weiterhin jeden Tag sage, wird das bestimmt.

Würde ich all diese Dinge tatsächlich tun, würde mich mein Umfeld vermutlich einliefern lassen. Oder zumindest medikamentös behandeln. Jedenfalls würde es gesellschaftlich ganz bestimmt nicht toleriert werden. Und doch ist es umgekehrt noch immer ganz normal. Ganz normal. Denn all das oben Erzählte habe ich genau so erlebt. Und es ist nur ein Bruchteil dessen, was man sich als Frau immer und immer wieder anhören muss. Die täglichen Anspielungen mögen nicht böse gemeint sein und doch:

Sie sind degradierend, sexistisch und meistens sehr verletzend.

Vorweg: Ich fühle mich angesprochen, wenn ein Newsletter mit „Liebe Studenten“ beginnt – ich bin mir meiner Selbst bewusst und komm auch ohne Binnen-I durchs Leben. Und Österreich wäre auch weiterhin meine Heimat, selbst wenn sie nur als die der Söhne besungen werden würde. Ich respektiere jede Frau, die gerne Zuhause bleibt, ihren Mann bekocht und die Kinder groß zieht. Ich lasse mir gerne die Tür aufhalten oder meine schweren Einkaufstüten abnehmen und trotzdem kann ich mich abends in meinen Sessel lümmeln und Virginia Woolf lesen. Ich kann die Socken meines Freundes waschen und ihn bitten, die Vorhangstangen anzubringen und gleichzeitig einen Konzern leiten, wenn ich das will.

Denn: Ich kann meine Weiblichkeit leben und trotzdem Rechte haben wollen.

Das Bild der Feministin, die mit dem Nudelholz in der Hand für Gender Gleichberechtigung kämpft, entspricht längst nicht mehr der Wahrheit – wenn es das überhaupt jemals getan haben sollte.

Ich muss ehrlich zugeben: ich habe mich nie sonderlich für Gender Studies interessiert und in Diskussionen mit Feministinnen bin ich oft verpönt worden, weil ich offen zugegeben habe, dass ich mir mein Bücherregal lieber von einem Mann aufbauen lasse. Aber mit zunehmendem Alter und Jobs, die mir mehr einbringen als bloß die Miete, beginne ich mich mehr und mehr zu ärgern. Denn ich will durch meine Leistung glänzen, nicht durch die Kürze meines Rockes. Viel mehr: ich will, dass meine Leistung zählt, selbst wenn mein Rock kurz ist.

Feminismus, Sexismus, Gleichberechtigung, Gender
(c) Gili Benita

Ich will nach einem Meeting gesagt bekommen, dass ich gut vorbereitet war und schlaue Einwürfe gebracht habe und nicht, dass ich heiß ausgesehen habe. Ich will nicht in den Hintern gekniffen werden, wenn ich eine enge Jeans trage. Und wenn ich nein sage, dann heißt das in drei Teufels Namen auch einfach nein. Denn, liebe Männer: das ist nicht cool! Es ist nicht nett, süß, charmant oder sonst was. Es ist unangebracht und daneben. Es ist ganz einfach: sexistische Kackscheiße!

Also auf Anfang: Männer und Frauen sind verschieden. Und das ist auch gut so. Ich muss nicht so stark sein wie mein Freund. Und er muss nicht so gut backen können wie ich. Aber ich will die Freiheit haben, es tun zu können, wenn ich es will. Und er soll die Freiheit haben, es tun zu können, wenn er es will. Es geht nicht darum, alte Rollenbilder zu diskreditieren, sondern um die Freiheit, zwischen ihnen wählen zu können. Denn: Wir leben im Jahr 2017 – in einem vermeintlich aufgeklärten Österreich. Und doch ist nur in Estland die Lohnschere zwischen Männern und Frauen größer als hier. Mit 28,3% bildet Estland das Schlusslicht im Europavergleich, direkt gefolgt von Österreich, wo sich der Unterschied auf 22,9% beläuft. Aber warum ist das so? Warum verdienen Frauen noch immer weniger als Männer? Warum sind immer noch weniger Frauen in Führungspositionen anzufinden als Männer? Und warum müssen wir uns nach wie vor fast täglich Kommentare zu unserem Aussehen oder Geschlecht anhören?

 

Geschlechterklischees beeinflussen unsere Gehälter.

Und unseren Alltag. Von Frauen wird immer noch stärker erwartet, dass sie sich lieber um die Familie kümmern, als um die Karriere. Deswegen wird in eine Frau auch einfach nicht so viel investiert, sie könnte nämlich schwanger werden und ihre Arbeitszeit verkürzen. Oder gar in Karenz gehen.

Wir können das natürlich lassen, aber dann sterben wir halt aus.

 

(c) william stitt

Abgesehen davon, dass inzwischen auch Männer problemlos Vaterschaftszeit nehmen können – das ist nur leider noch nicht in den fest verankerten Klischeegedanken angekommen.

Natürlich: sind nicht alle Männer Schweine. Und doch, mehr Feminismus braucht das Land. Denn auch wenn wir das nicht so gerne wahrhaben wollen – wir sind weit weg von Gleichberechtigung. Deswegen ist dies ein Appell an alle Frauen und Männer: für Gleichberechtigung und modernen Feminismus. Das bedeutet, sich zu wehren und zu reagieren. Sich die nächste sexistische Aussage einfach nicht mehr gefallen zu lassen. Den Dialog zu suchen und Fragen zu stellen. Und den Respekt zu verlangen, den man verdient hat. Und liebe Männer: behandelt uns doch einfach mit dem Respekt, den auch ihr haben wollt. Seht Frauen an, als das, was sie sind und sein sollten:

gleichwertig und gleichberechtigt.

Und wenn ihr diesen Text jetzt belächelt, scrollt hoch – lest den ersten Absatz nochmal und dann stellt euch die Frage ob ihr wollt, dass eure Frauen sich so verhalten. Eben.

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