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KulturQuarantäne – kulturelle Nahversorger in Zeiten von Corona

(c) KulturQuarantäne

Breite Schneisen schlägt Corona nicht nur im gesundheitlichen Sinne, auch wirtschaftlich ist die Lage ernst. Freischaffende KünstlerInnen trifft das besonders. Doch Not macht erfinderisch. KulturQuarantäne heißt die neue Online-Initiative, die Künstlern trotz Eventverbot eine Plattform bieten und das Publikum kulturell versorgen soll. Gründungsmitglied Alexandra L. Kronberger verrät, was geboten wird und wie man mitmachen kann.

Mittlerweile hat Corona vielerorts auch das kulturelle Leben lahmgelegt. Gab es denn einen konkreten Auslöser für die Gründung der facebook-Plattform KulturQuarantäne?

Ja. Johannes Schmid, ein ehemaliger Schulkollege von mir aus der Schauspielschule und auch der Obmann unserer Improtheatergruppe, ist kürzlich mit der Idee an uns herangetreten, nachdem wir unser Improtheater letzten Freitag absagen mussten. Es war Freitag, der 13. – wir hätten eine Horror-Improshow im Freien Theater gespielt, anlässlich unseres fünfjährigen Bestehens. Wir hatten den Raum schon und alles geplant. Das war der ausschlaggebende Faktor für die Idee: Wir haben die Impro-Show aufgezeichnet, obwohl schnell klar war, dass eine Horrorshow online nicht so gut funktionieren würde. Aber wir haben es trotzdem gemacht und auch übertragen. Daraus ist dann die Plattform auf facebook entstanden.

Die Absage erfolgte aufgrund der Maßnahmen, die jetzt zur Eindämmung des Coronavirus getroffen wurden. Was bedeutet das für euch als Kulturschaffende und was ist das Ziel der Initiative?

Die Situation ist scheiße, man kann’s nicht anders sagen. Wir haben aufgrund der Maßnahmen jetzt vor allem finanzielle Einbußen und können einfach nicht auftreten. Genauso kann aber auch das Publikum nix anschauen, haben wir uns gedacht. Nichtsdestotrotz finden wir die Maßnahmen wichtig und unterstützenswert. Gerade deswegen wollen wir mit der Initiative die Leute motivieren, die Regeln einzuhalten und zu Hause zu bleiben. Wir bieten ein Alternativprogramm, damit es nicht nötig ist, gegen die Auflagen zu verstoßen. Gleichzeitig erhalten wir so die Möglichkeit, uns weiterhin zeigen zu können. Es geht dabei nicht ums Geld verdienen, sondern darum, uns gegenseitig zu vernetzen, vielleicht auch für die Zeit nach Corona, Werbung zu bekommen, bekannter zu werden, andere Künstler kennenzulernen und Kooperationen zu schaffen.

Das Team berät seine nächsten Schritte (c) KulturQuarantäne

Wie geht ihr jetzt vor?

Für das Publikum möchten wir so breit wie möglich aufgestellt zu sein, daher haben wir auch ein Kinderprogramm dabei. Wir versuchen ein immer dichteres Programm zu bekommen und täglich mindestens einen Programmpunkt anzubieten. Im besten Fall können wir bald jeden Tag mehrere Acts zeigen. Damit möchten wir den Normalzustand simulieren – so als ob man sich wirklich überlegen könnte: Heut ist Sonntag, was bietet KulturQuarantäne? Ah cool, es gibt dies und jenes, daraus such ich mir jetzt was aus – ohne das Haus verlassen zu müssen.

Was Abonnenten und interessierte Künstler betrifft, seid ihr ja schon ganz gut dabei. Wer hat sich denn aller bei euch gemeldet?

Wir haben schon relativ viele Anfragen von allen möglichen Künstlern erhalten. Wir haben einen Kabarettisten aus Berlin, der wahrscheinlich bald was machen wird. Wir haben alle möglichen Musiker, wir haben zum Beispiel eine Schauspielerin aus Köln, die wird voraussichtlich einen Monolog machen. Es gibt sogar schon „Nachahmungstäter“: Gestern wurde die Kulturquarantäne Brüssel gegründet. Die haben uns auch angeschrieben und uns darauf hingewiesen, dass wir sie „infiziert“ haben [lacht].

Scheint gut anzulaufen – auch international. Es ist also nicht als lokale Initiative gedacht?

Wir haben schon öfters die Frage bekommen, ob es nur Österreich betrifft – nein tut es nicht. Am liebsten wäre uns, wenn es über die Grenzen hinausreichen würde, wenn wir uns global vernetzen könnten. Wir haben jetzt auch unser Anliegen und unserer Rahmenbedingungen auf Englisch auf der Seite formuliert. Heute ist zudem die erste zweisprachige Lesung gehalten worden: zwei Kindermärchen, auf Deutsch und auf Türkisch. Wir wollen jetzt auch was in mehreren Sprachen anbieten, so gut das eben möglich ist.

Wie funktioniert das nun: Nehmen wir an, ich bin Künstler – wie kann ich mitmachen?

Wenn du Künstler bist, könntest du uns auf unserer facebook-Seite KulturQuarantäne anschreiben – das ist am direktesten. Man kann uns aber auch mailen unter kulturquarataene@gmail.com. Einfach eine Anfrage mit dem Vorhaben schicken und wir versuchen es zu ermöglichen.

Wir wollen allerdings keine Archivaufnahmen. Es sollte entweder live sein oder wenigstens an dem Tag aufgezeichnet worden sein, an dem es auch ausgestrahlt wird…

…damit die ZuhörerInnen oder ZuschauerInnen auch wirklich das Gefühl haben, das passiert jetzt für sie. Sie sollen nicht den Eindruck haben, dass da Künstler einfach mal ihre Archivaufnahmen hervorkramen und alles rausballern. Es soll schon Live-Charakter haben.

Wie reiche ich meine Beiträge ein?

Bis jetzt bieten wir zwei Varianten an. Wenn man wirklich live gehen will, das ist uns grundsätzlich am liebsten, dann werden wir diese Person an diesem Tag zum Moderator ernennen – also quasi freischalten für unsere Gruppe. Dann kann man direkt auf unserer Seite auf „Live Übertragung starten“ klicken, das ist am einfachsten. Wenn das aus irgendeinem Grund nicht möglich ist, sei es aus technischer Natur oder weil die Person etwas in höherer Qualität aufnehmen will, dann kann man uns das Video einfach per WeTransfer zuschicken. Wir laden es dann bei uns auf den Youtube- Kanal und stellen es dann online. Allerdings wäre uns recht, dass man bei aufgezeichneten Sachen in irgendeiner Weise das Aufzeichnungsdatum sieht – also entweder man hält eine Zeitung mit dem Datum in die Kamera oder das Display vom Handy. Man soll sehen: Das ist heute aufgenommen worden.

Welche Art Beitrag kann das sein – nur gefilmt oder auch nur Ton, nur Bild? Gibt’s da Einschränkungen?  

Grundsätzlich gibt es keine Einschränkungen. Wir versuchen jede Form von Kunst und Kultur auf unserer Plattform zu integrieren. KünstlerInnen, die bei uns mitwirken möchten, bekommen ohnedies einen Betreuer zugeteilt und dieser wird sich dann bemühen eine Lösung zu finden. Wenn jemand zum Beispiel etwas zeichnet, könnte der- oder diejenige sich dabei filmen. Oder man kann in seinem Wohnzimmer eine kleine Ausstellung gestalten und diese filmen und vielleicht kommentieren. Die Not macht erfinderisch, für alles lässt sich eine Lösung finden.

Was soll euer Projekt bewirken, sagen wir die nächsten Wochen oder Monate – derzeit ist ja nicht sicher, wie lange die Situation mit Corona anhalten wird…

Grundsätzlich wollen wir den Leuten eine Möglichkeit geben, in dieser Zeit unterhalten zu werden. Für uns ist es eine Möglichkeit der Sichtbarkeit. Wenn das jetzt wirklich längerfristig so bleibt – nun wir haben jetzt schon ziemlich viel Arbeit. Das Team – dazu zählen außer mir und Johannes noch Michele Jost, Susanne von Fioreschy-Weinfeld, Nuran Yildirim-Bauschke und Sarah Milena Rendel – sitzt eigentlich den ganzen Tag am PC. Wir beantworten Anfragen, teilen Beiträge. Unterstützt werden wir dabei auch von Philipp Walser (Grafik), Katarina Hauser  (Lektorin) und Laura Marberger (Video Support). Sollte die Arbeit so zeitintensiv bleiben, würden wir schon hoffen, dass wir irgendwann auch Förderungen kriegen oder private Sponsoren finden – im besten Fall beides. Ab einem gewissen Zeitpunkt wird das nicht mehr in dieser rudimentären Form leistbar sein für uns, würde ich sagen.

Abschießend deine bzw. eure Botschaft an die Künstler und Künstlerinnen da draußen?

Wir sind Kultur und wir sind viele! Kommt auf unsere Plattform, zeigts euch und helft uns, dass wir gemeinsam wachsen und groß werden, auch wenn ihr vielleicht schon privat online postet. Über eine gemeinsame Plattform kann man dem Publikum einen besseren Überblick geben, finden wir. Meldet euch bei uns, es gibt auch keine Beschränkung der Beiträge pro Tag – im Gegenteil. Je mehr, desto besser!

…und die Botschaft an euer Publikum?

Liebes Publikum haltet‘s durch! Wir geben unser bestes, damit wir euch auch trotz Corona kulturell nahversorgen können. Also bitte fleißig sein, liken, kommentieren, dabei sein und zuschauen.  Je mehr Leute, desto cooler wird die ganze Aktion.

Schaut rein unter:

KulturQuarantäne auf facebook

Kontakt:

via facebook oder Mail: kulturquarataene@gmail.com

 

 

 

 

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