Neun Jugendliche, fünf Wochen, vier Länder und Sprachen, ein Ziel: Die Welt ein bisschen besser machen. Das hier ist die Geschichte über ein Theaterprojekt, das Kunst und Integration und damit Menschen verbindet.
Jeden Morgen schaut Mohmad in seinen Briefkasten. Er wartet auf seinen Asylbescheid und jeden Morgen die Erkenntnis – der Briefkasten ist leer. Die Ungewissheit wirkt zerstörerisch, lähmt ihn. Darf er hierbleiben – in seiner neuen Heimat, oder muss er wieder zurück?
Es ist eine Szene, die in der Art nicht nur täglich hinter dem Vorhang statt findet, sondern seit Kurzem auch davor: Matthias Rankov hat ihr eine Bühne gegeben. Denn: der 23-jährige Theaterpädagoge weiß selbst was es bedeutet zwischen zwei Welten zu leben. Matthias wurde in Bulgarien geboren und adoptiert, weshalb Heimat schon immer ein zentrales Thema in seinem Leben war.
Theater
Im Sommer des Vorjahrs entschied er sich ein Zeichen zu setzen: Er gründete den Verein .S:I:D:U:N:O., der gemeinsam mit Schutzsuchenden aus Österreich, Syrien, Irak und Afghanistan ein Theaterstück erarbeitet, in dem sie ihre persönlichen Lebenswelten darstellen und ihre Fluchterfahrung sowie ihre Erfahrung mit Geflüchteten verarbeiten. Insgesamt fünf Wochen lang wurde intensiv geprobt.
„Wie mit dem Thema Integration und Schutzsuchenden in der Gesellschaft umgegangen wird, ist für mich unverständlich“, sagt der 23-jährige. Er sieht seine Aufgabe als Theaterpädagoge vor allem darin, Menschen zusammen zu bringen.
Theaterspielen ist die perfekte Chance, Integration auf einfache und spielerische Art umzusetzen.
Miteinander
Um was geht es also in dem Stück:
Herausgearbeitet wurde, was „zu Hause“ für jeden Einzelnen bedeutet und wie mit der Fluchtsituation umgegangen wird. Unterstützung hat sich Rankov dabei von Dramaturg und Stimmtrainer Lukas Schuhmacher, einer Regieassistentin, einer Produzentin und vielen weiteren Freiwilligen geholt. „Die Kids sind keine Schauspieler. Es geht darum, sich mit ihrer Lebenswelt auseinanderzusetzen und nicht, in eine Rolle zu schlüpfen“, so Rankov.
Deshalb gibt es auch keine Handlung per se, sondern Spielraum – für viele Geschichten. Text gibt es dabei kaum, trotzdem: jeder kann verstehen, welche Geschichte die neun Jugendlichen erzählen – alles was man braucht ist ein bisschen Vorstellungskraft.
Die zentralen Themen, die das Theaterstück behandelt: Heimat, Religion, Glaube, Politik. Manchmal kommen sogar die kleinen Herzenswünsche der Jugendlichen zum Vorschein.
Begleitet wurde die Gruppe von Susanna Haas, Kinderbuchautorin, die sich von den Jugendlichen inspirieren hat lassen. Dabei ist nun ein Kinderbuch entstanden, das 2018 verlegt wird. Geplant sind in weiterer Folge szenische Lesungen, um ihre eigenen Erfahrungen nochmals zu reflektieren.
Im letzten Schritt des Projekts steht die Dramatisierung des Kinderbuchs im Fokus, das mit jungen professionellen Schauspielern präsentiert werden soll. Wie das Ganze aussehen wird, ist noch offen. Zentrales Ziel dabei ist es, die Aussagen der Kids, die sie im Prozess der Theaterproduktion gesammelt haben, zu reflektieren.
Wer die Performance sehen möchte hat am 8. Oktober um 18:30 Uhr in der Bäckerei in Innsbruck noch die Chance dazu. .S:I:D:U:N:O. nimmt dich mit in ihre Lebenswelten und zeigt, wie einfach Integration sein kann: Zusammen Theater spielen – „so isch des und nit ondacht“.
#unhappy Prädikat: absolut sehenswert
Mehr Informationen zu dem Projekt, findet ihr unter: