unkreativunweltlich

Kunst zwischen bedeckten Männern und nackten Frauen

Eine laienhafte Betrachtung der ART Innsbruck

(c) Heiner Meyer_Cut Out - Bond 25

Viel Buntes, Tristes, Schönes und Abstraktes hat die 23. internationale Kunstmesse ART Innsbruck kürzlich gezeigt. Mit dabei auch Kunst, die – buchstäblich – mit nichts brillierte, viel Don Quijote und etliche weibliche Aktkurven. Die Männer trugen Lendenschurz.

Mit seinem Pailletten-Cappy, dem grauen Bart und einem Schürzenmantel samt Spritzer, bekennt der erste Besucher neben uns Farbe, noch bevor er überhaupt den Mund aufgemacht hat. „Maler?“ frage ich, „Lebenskünstler,“ sage er, „kein Geld, aber Kunst“ – 30 Jahre habe er in der Uni Bibliothek gearbeitet. „…ich Trottel,“ sagt er, und mit Blick auf das Werk vor ihm: „Tja, sehr schön, nicht? Aber ich hab Edelsteine noch gemalt und nicht einfach aufgeklebt…

…das ist dann jetzt wohl Kunst.“

Dieser Gedanke kommt einem immer wieder mal, wenn man als Laie mit bescheidenen Kunstkenntnissen durch die Art Innsbruck schlendert. Fürs Erste ist man aber schlichtweg beeindruckt:

(c) Heiner Meyer_Frosted

In den Weiten der Halle A begegnen einem hier lebensecht plastisch wirkende Gesichter, dort bunte Farbkompositionen, die den Betrachter geradewegs hineinziehen in eine Situation, ein Gefühl – Liebe unter Laternen, Menschen am See, Vögel, die ihren gemalten Rahmen verlassen, andere, die auf originellen Gummireifenstangen ihr gläsernes Beton-Gefieder aufplustern und nicht zu vergessen: Don Quijote de la Mancha in verschiedensten Ausführungen, immer tapfer gegen starre Windmühlen kämpfend – nur eine reißt entsetzt die gemalten Äuglein auf.

(c) Burkard Benjamin_Dialog mit der Kultur
Knochenjob Galerist

An fast jeder Wand der Art Innsbruck findet sich ein anderer Stil – obgleich nicht immer passend platziert und bei so mancher Berühmtheit abgekupfert *hüstelpicassohüstelmonethüstelvangogh*. Aber außerdem: In jeder Nische ein anderer Repräsentant der dargestellten Kunst – meist auf einem Hocker, verstohlen nach Besuchern linsend, Smartphone oder PC zwischen den Fingern. Wenig Damen, mehr Herren, überwiegend im intellektuellen Steve-Jobs-Look oder Smoking – meistens Galeristen, kaum Künstler. Immerhin, hier geht’s ums Geschäft. Bei manchen Kunstwerken dem Anschein nach ein Knochenjob – oder einfach etwas für Käufer mit mehr Hintergrundwissen als Auge.

Wie sonst lassen sich hier Bilder teuer verkaufen, die wie schlecht imitierte Kinderzeichnungen wirken oder Statuen, die aussehen, als hätte man deren Gerüst mit viel Gips aufs Geradewohl übergossen? Das höchste Maß an Phantasie bei der Art Innsbruck verlangt jedoch ein Werk, dessen Leinwand komplett weiß geblieben ist, mit Ausnahme farbiger Striche seitlich am Rahmen – ein Hauch von künstlerischem Nichts, wenigstens fürs Laien-Auge, für über 6000 Euro. Das Konzept muss verdammt gut sein.

Sexus sells
(c) Ramos Mel_Golden Delicious

Die meisten Kunstschaffenden hier verlassen sich jedoch auf ein Konzept, das so alt ist wie die Menschheit selbst: „Sexus“ sells, vor allem offenbar das weibliche…das männliche gibt sich prüde und selten. Während sich die körperlich-weibliche Hügellandschaft unverhüllt in allen Posen und Varianten zeigt – übrigens aus offenbar überwiegend männlicher Schaffenskunst – halten die wenigen Male-Models mit ihrer Männlichkeit hinterm Berg oder vielmehr hinter dem Lendenschurz. Bond gibt sich im üblichen Anzug (siehe Titelbild). Ob aus Scham vor Vergleichen oder aus einer stiefmütterlichen Behandlung heraus gegenüber der offenkundig hochverehrten weiblichen Ästhetik (Sexobjekt? Pfff…natürlich nicht), bleibt dahingestellt.

(c) Witsch Bernhard_Horny Woman

Einzig ein paar dunkle Statuen präsentieren ihren Phallus mindestens ebenso scharf konturiert wie die Beckenknochen (und alles dazwischen) ihrer weiblichen Gespielinnen – na immerhin, selbst wenn diese versammelte Sippschaft mit ihren großen Füßen und langen Gorillaarmen, obgleich humorvoll, nicht unbedingt zum ästhetisch schönen Beispiel taugen mag.

Aber „das ist dann jetzt wohl Kunst“.

(c) ART Innsbruck

Link: Art Innsbruck

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