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Bonanza

oder die Gunst der Unvernunft

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Die Morgensonne scheint grell auf die verdreckten Gehsteige. Am Boden liegen leere Plastikbecher, Zigarettenstummel und andere Dinge, die von langen Nächten erzählen. Aus der Ferne Vogelgezwitscher, aus dem Hintergrund Bässe, lauter werdend, während sich die Türen der Clubs kurz öffnen um Menschen nach draußen spucken. Unsere besten Momente haben wir jahrelang in der Dunkelheit verbracht – in verrauchten, meist engen Räumen. 

Fünf junge Männer haben dann aber zusammengeführt, was eigentlich so nahe liegt: Sonnenschein & Musik. Was in den Großstädten dieser Welt schon lange Gang & Gebe war kam endlich auch in Innsbruck an: Mit dem ersten Sonnendeck vor nun fünf Festival-Saisonen, zog das Feiern nach draußen und wurde dadurch freundlicher, offener und lebensbejahender. Wir haben uns mit dem Team, das hinter Bonanza und Sonnendeck steckt auf eine Basilikum-Limo getroffen und über ihre Anfänge, Ziele und die Rolle der Unvernunft gesprochen.

Die fünf Festival-Visionäre bleiben lieber hinter dem Vorhang um die Bühne den Dingen zu überlassen, die bei einem Festival wirklich zählen: Musik, Menschen & Lebensfreude. Deshalb werden im folgenden Interview keine Namen genannt.

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(c) Bonanza

Ihr habt über die letzten Jahre einen Fixtermin für alle Freiluftliebhaber geschaffen – rund 5.000 Besucher pilgerten letztes Jahr zum Bonanza. Wie hat alles begonnen?

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(c) Bonanza

Wie viele andere Studenten – oder so ziemlich jeder der sich in Innsbruck irgendwann in seinem Leben auf der Uni aufgehalten hat – saßen auch wir im Sommer am Inn. Der Streifen Wiese zwischen Uni und Fluss bietet sich perfekt an um zu chillen, lernen oder Musik zu hören. Kurzerhand war eine Idee geboren: das Sonnendeck. Wir wollten eine Veranstaltung ohne Konsumzwang schaffen. Ein Rahmen bei dem jeder mitbringen kann, was er will. Deshalb gab es in den ersten Jahren auch keine Bars am Sonnendeck. Mittlerweile haben wir zwar ein Getränkeangebot, Konsumzwang herrscht allerdings immer noch keiner.

Wie habt ihr das denn organisiert bzw. genehmigt bekommen?

Naja, das Sonnendeck war quasi eine Lehrveranstaltung.

Bitte was?

Jemand aus unserer Mitte hat in der Pressestelle der Uni gearbeitet und so einen ganz guten Draht zu den Verantwortlichen gehabt. Das Sonnendeck wurde als Lehrveranstaltung zum gemeinsamen Lernen im Freien mit musikalischer Begleitung angemeldet. Parallel dazu entstand die Idee zum Bonanza, die Veranstaltung am Inn sollte ein Teaser für das Festival werden.

Habt ihr denn Erfahrungen aus dem Veranstaltungsbereich mitgebracht?

Nein, wir waren fünf Amateure, die gerne ein Festival machen wollten (lachen).

Im Ernst – studiert hat niemand von uns in diese Richtung. Einige von uns hatten zwar zuvor schon Berührungspunkte mit Party-Planung und Booking. Aber so was wie das Bonanza war für uns alle Neuland.

Wie seid ihr das Projekt Festival dann angegangen?

Wir haben uns verschiedene Locations angeschaut und uns überlegt was es braucht. Dazu muss man sagen, dass Bonanza nicht alleine unser Verdienst ist – von Anfang an war es ein Kollektiv aus sehr vielen Menschen, die von allen Seiten mitgeholfen haben. Freunde, Bekannte, Familie – jeder hat was dazu beigetragen. Das ist übrigens noch heute so. Ohne unsere zahlreichen Volunteers würde es das Open Air nicht geben. An dieser Stelle geht auch ein großes Danke an das Architekten Kollektiv. Die Zusammenarbeit mit der Stadt Innsbruck hatte sich ja schon beim Sonnendeck als sehr gut erwiesen – mit den Behörden war also immer alles in Butter und mit der Grünfläche hinter dem Baggersee haben wir dann auch den perfekten Veranstaltungsort gefunden.

Das klingt schon fast ein bisschen zu easy. Gab es denn keinerlei Schwierigkeiten?

Natürlich. Ein Veranstaltungsort ist ja schon mal viel wert, aber: wir standen auf einer grünen Wiese, ohne Strom, ohne Klos und ohne Gastronomie. Das alles organisiert zu bekommen hat gedauert.

Als wir dann endlich soweit waren und das erste Bonanza über die Wiese gehen sollte, hatten wir sieben Grad und Dauerregen.

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(c) Favour Omoruyi

Aber man kann ja auch im Regen tanzen…

Ja, und das haben zum Glück auch fast 500 Menschen gemacht. Die Stimmung war bombastisch und es hat uns allen wahnsinnig viel Spaß gemacht. Finanziell war es allerdings eine Katastrophe. Wir alle haben unsere Ersparnisse in das Festival gesteckt und sind nach dem ersten Jahr erst mal mit einem fetten Verlust aus der Nummer rausgegangen.

Trotzdem habt ihr weiter gemacht – was hat euch dazu motiviert?

Unvernunft. Pure Unvernunft und die Liebe an der Sache.

Außerdem wollten wir den Menschen etwas zurückgeben – wir haben so viel Unterstützung von allen Seiten bekommen. Das wollten wir so nicht stehen lassen.

Mittlerweile seid ihr gut etabliert, habt Ticket Buchungen aus der ganzen Welt und in Innsbruck eine Veranstaltung geschaffen, die  touristischen Mehrwert hat. Wie geht es jetzt weiter – habt ihr noch Ziele?

Wir sind natürlich sehr happy über diese Entwicklung, in erster Linie geht es uns aber nach wie vor darum eine Veranstaltung zu schaffen, die für alle Beteiligten einfach Spaß macht. Ein großes Ziel ist es aber Bonanza mehrtägig werden zu lassen – und vielleicht irgendwann davon leben zu können.

Wie haben sich eure Leben durch Bonanza verändert? Hat euch der Erfolg mutiger gemacht?

Ja, vielleicht sind wir mutiger geworden. Die Unvernunft, die es braucht um sich einfach mal etwas zu trauen, haben wir aber alle schon von Anfang an mitgebracht. Außerdem haben wir auch die Realität noch einmal ganz neu kennen gelernt. Gerade nach dem ersten Jahr. In der Festival Saison gibt es keinen Feierabend und auch das Feiern gehen selbst hat sich verändert – man ist nicht mehr nur Konsument. Parties nimmt man anders wahr, schaut sich an wie sie organisiert sind und was dahinter steckt.

Bevor wir zum Ende kommen, hier noch drei Fragen, die nichts mit der Sache zu tun haben, aber trotzdem gestellt werden müssen: 

Wann habt ihr das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht?

Wir teilen unsere Aufgaben streng nach Können. Es gibt in unserer Runde die handwerklich Begabten und die, die es weniger sind. Die verstecken wir meist im Büro. Letzte Woche aber, hat einer aus der zweiten Gruppe tatsächlich einen Pinsel in die Hand genommen und eine Bar lasiert. Er war von oben bis unten voller Farbe (lachen).

Einmal & nie wieder?

Frauentoiletten nach einer Veranstaltung putzen. Moment, streich die Frauen… Toiletten nach Veranstaltungen zu putzen – schreib nur das. Obwohl, Frauenklos sind schon echt noch ekliger (lachen).

Ihr könnte eine Sachen in euren Leben ändern – was wäre das?

Den Hass auf der Welt verschwinden lassen. Oh, und Lautstärke Auflagen. Vielleicht würde aber das eine sogar zum anderen führen (lachen).

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(c) Bonanza

Das Bonanza Open Air findet am 1. Juli im Freizeitzentrum Rossau statt. Von Mittags bis Abends gibt es Electro-Acts aus der ganzen Welt zu hören. Nach Mitternacht gibt es in der Stadt verschiedene Aftershow Parties. Das Ticket kostet 30 Euro und ist im Kater Noster, der Machete und online erhältlich.

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